Dienstag, 3. August 2010

"In diesem Kampf gibt es keinen Platz fuer Rassismus" Butler Interview with Jungle World (in German)

Extract from the Interview:

In ihrer Rede auf dem Berliner CSD haben Sie verschiedene Gründe für die Ablehnung des »Preises für Zivilcourage« genannt. Einer war, der CSD distanziere sich nicht von Rassismus. Worauf haben Sie hier Bezug genommen?

Auf der einen Seite gibt es das Organisationskomitee des CSD und auf der anderen viele verschiedene Gruppen, die unter dem Banner des CSD auftreten. Außerdem gibt es Organisationen, die explizit Teil des CSD sind, der sich ja als Forum versteht, in dem verschiedene Gruppen zusammenkommen können. Zunächst wäre also zu fragen, welche Gruppen überhaupt unter dem Banner des CSD auftreten und welche nicht. Für mich wäre dann die zweite Frage: Was sind die Ansichten des Organisationskomitees und der anderen Gruppen und hat sich die CSD-Organisation auf deren Positionen positiv oder negativ bezogen?

Die Antwort auf die erste Frage ist, dass diejenigen Queer-Gruppen, die sich dem Kampf gegen Rassismus widmen oder aus Minderheiten heraus entstehen (inklusive migrantischer Gruppen), nicht Teil des CSD Berlin sind. Es gibt also einen Ausschluss. War das ihre Entscheidung, nicht unter dem CSD-Banner aufzutreten? Sind sie von den OrganisatorInnen explizit ausgeschlossen worden? Für das Problem der Diskriminierung ethnischer oder religiöser Minderheiten ist die Beantwortung der zweiten Frage allerdings noch wichtiger. Bei Gruppen wie dem schwulen Überfalltelefon Maneo oder in den öffentlichen Verlautbarungen von Jan Feddersen und Rudolf Hampel (beide gehören zum harten Kern der Berliner CSD-OrganisatorInnen) wird deutlich, dass sie den Kampf gegen Homophobie als Kampf gegen andere Minderheiten führen. Beide haben durch ihre Aussagen Minderheiten verärgert und ausgeschlossen. Und sie und ihre Gruppen, einschließlich Maneo, sind Teil des CSD.

Hampels Gruppe Maneo stellt Homophobie und homophobe Gewalt als etwas dar, das allein in Minderheitengruppen anzutreffen sei. Das bringen zumindest die politischen Aktionen, Stellungnahmen und Berichte der Gruppe zum Ausdruck. Das ist nicht nur falsch, sondern fördert auch das Ressentiment gegen MigrantInnen. Außerdem trennt es die Diskriminierung aufgrund von Sex und Gender von der Diskriminierung von ethnischen und religiösen Minderheiten. Das ist nicht nur eine falsche Position, sondern macht die Tatsache, dass es Queers innerhalb migrantischer Communities gibt, unsichtbar.

So setzt man neue EinwandererInnen mit Homophobie gleich und übernimmt quasi die Formen institutioneller, rechter oder auch kirchlicher Homophobie. Schwule, Lesben, Transsexuelle, Queers und Bisexuelle innerhalb migrantischer Minderheiten werden auf diese Art unkenntlich gemacht. Diejenigen Queer-Gruppen, die also vom CSD ausgeschlossen werden, sind genau dieselben, deren Existenz in einigen der öffentlichen Stellungnahmen von CSD-nahen Gruppen negiert wird. Wer wie ich davon ausgeht, dass der Kampf gegen Homophobie immer mit dem Kampf gegen Rassismus verbunden sein muss, muss nicht nur Gruppen wie GLADT, ­ReachOut und LesMigraS aktiv einbinden. Es bedeutet auch, sich genau an diesen Gruppen zu orientieren, wie ein Kampf gegen Homophobie aussehen kann, ohne rassistische Stereotype und Politik gegen MigrantInnen zu unterstützen. Wenn das der Bewegung nicht gelingt, dann fällt sie dem Nationalismus und dem europäischen Rassismus anheim und unterstützt letztlich sogar Begründungen, die Kriege legitimieren.

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